Leben ohne Bühne für die Bühne
Leben ohne Bühne für die Bühne

Delitzsch. Grad noch mit langsam in den Bauch gestandenen Beinen auf den Einlass gewartet, ist der Zuschauer beim neuen Musicalprogramm der Theaterakademie Sachsen mittendrin - bevor er eigentlich drin ist. Für "M wie Muse Musical Magie Mystery" hat das Team um Regisseurin Buenaventura Negron Rivera de Braunstein in die kleine aber feine Trickkiste der Unterhaltung gegriffen: Im Oberen Bahnhof werden die Gäste von Zug-Begleiterinnen begrüßt, über den Fahrplan des musikalischen Abends informiert, mit Snacks versorgt und unterhalten, noch bevor das Spiel eigentlich beginnt.
Angekommen im Saal, findet sich nicht das brave Aufgereihtsein der Stühle, sondern Publikumsplatz überall im Saal - so ist denn auch die Bühne, die de facto keine ist, überall. Hinzu kommen Videoeinspieler. Das erfrischt selbst die veranstaltungsver- und gewöhnte Zuschauerseele. Die Protagonisten, allesamt Musicalstudenten im vierten sowie zweiten Semester, singen die diversen Hits aus gefühlt allen Winkeln des Saals und begeistern mit ihrer geschulten Stimmgewalt. Sie singen "Kann es wirklich Liebe sein" aus dem König der Löwen ebenso wie "Honey Honey" aus dem Abba-Musical Mamma Mia. Doch das eigentliche Thema von "M" ist so alt wie die Kunst selbst, doch immer wieder bewegend und rührend für jeden, der noch einen Funken Leidenschaft in sich trägt: Es geht um die Kunst als innere Notwendigkeit, das Gefühl nicht anders zu können. "M" erzählt von vier Künstlern, die zu einem Vorspiel wollen und Einblick geben, warum sie nur das eine wollen - sein, wer sie sind. Die Leidenschaft steckt so tief in ihnen, dass sie nicht aus ihrer Haut können. "Ich kann nicht anders, ich muss auf die Bühne", sagt etwa Michael Martin als Peter Simon, den die Eltern lieber in der übergestülpten Rolle des Jurastudenten sehen würden. Verknüpft werden die Schicksale der vier jungen Künstler durch Jens Bache als Crescendo Diminuendo Arpeggio, die küssende Muse sozusagen, die nur alle hundert Jahre auftaucht. In gut einer Stunde zeigen die angehenden Profis die ganze Bandbreite des Musicalkönnens vom Gesang bis Stepptanz, das Publikum geht angesteckt durch die Leidenschaft bei manchem Song zwangsweise mit. In nur fünf Wochen hat Buenaventura Negron Rivera de Braunstein das Stück mit den Studenten erarbeitet. "Tag und Nacht", wie sie sagt. Herausgekommen ist einmal mehr ein guter Grund für den großen Show-Bahnhof in Delitzsch. Christine Jacob
Weitere Vorstellungen: 2. Mai und 4. Juli jeweils um 19.30 Uhr. Karten gibt es für 6 Euro unter 034202/36070.
Bühne ist bei M überall, die Zuschauer sitzen nicht in Rängen und können die Künstler aus unterschiedlichen Perspektiven erleben.

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